die Konstruktion von Gender (Geschlechtsidentität) jenseits jeglicher Art von Spektrum oder binären Zuordnungen. Gender das nur begrenzt wird durch meine eigene Vorstellungskraft. die Möglichkeit, mein Gender völlig neu zu definieren, schien meine Identitätskrise der letzten fünf Jahre zu lösen. jedoch traf ich relativ schnell auf das Hindernis der Konnotation in der Sprache. denn fast jedes Wort ist mit einer imaginativen oder emotionalen Assoziation aufgeladen. die Bedeutung eines Wortes erschwert einerseits die Beschreibung von Geschlecht, bietet andererseits aber auch Potenzial für eine frische Auseinandersetzung mit Gender. in einer Welt, in unendlich viele Arten von Formulierung verwendet werden können, um das eigene Gender zu beschreiben, wird das Gender auf paradoxe Weise auch irrelevant. mensch stelle sich eine Zukunft vor, in der Gender mit den Farben deines Outfits erklärt werden könnte. eine Zukunft, in der die Bedeutung von Gender in den Hintergrund rückt, weil es an Relevanz verliert bei der Zuschreibung einer Identität.
aus dieser Motivation heraus verfasste ich eine Poesiesammlung. eine Auslegeordnung an Genderdefinitionen. dabei begann versuchte ich konsequent einmal täglich einen Text zu schreiben mit dem Anfangssatz: „my gender is“. danach habe ich mit Hilfe der Technik vom automatischen Schreiben, meine jeweilig subjektive Wahrnehmung von Gender in Worte gefasst. schon nach relativ kurzer Zeit konnten verschiedene thematische Parallelen in den Texten festgestellt werden. im Zentrum standen Kindheit, Traurigkeit, Nostalgie, Tod, Gewalt, Sex und Wut. ein Raum für melancholische Verletzlichkeit. ein Kampf mit täglicher Betroffenheit. und ein müder Dunstnebel von Definitionen, die gebrochen werden mit präziser und sorgfältiger Ausdrucksweise. überraschenderweise drehten sich viele meiner Erfahrungen im Bezug auf Gender um ein Gegenüber. Interaktionen mit Freundinnen, Liebhaberinnen und Familie schienen die Hauptsäulen zu sein, die mein Geschlecht geformt haben. was grundsätzlich Sinn ergibt, wenn bedenkt wird wie unsere Gesellschaft jeden Einzelnen dazu drängt, gemäß des zugewiesenen Gender auszusehen und zu handeln. im Miteinander werden wir erst auf unser Gender aufmerksam gemacht oder gar reduziert. es geht um eine Aushandlung mit der eigenen Sozialisierung.
ein Rauschen an Genderwahrnehmungen. eine weitere Umsetzungsmöglichkeit bestand darin, dass ich meine Texte zu nur einem Satz gekürzt habe und diesen dann in Großbuchstaben auf weiße Bettlaken malte, welche auf Wäscheleinen drapiert wurden. wobei die Waschküche als Heimat der Hausfrau gelesen werden kann und Bettwäsche als Re-präsentation von Intimität und Privatsphäre. mit der Anspielung auf die Kluft zwischen dem Öffentlichen und dem Privaten, zwischen dem was nicht geteilt wird, aber manchmal geteilt werden sollte.